Übertragener Resturlaub: Arbeitnehmer müssen eigenverantwortlich auf das Ende des Übertragungszeitraums achten

Wenn das Kalenderjahr endet, müssen Arbeitnehmer hinsichtlich ihres Urlaubs genau aufpassen. Das Urlaubsjahr ist das Kalenderjahr. Das heißt, der Urlaub muss in dem Kalenderjahr beantragt und genommen werden, in dem er entsteht. Eine Übertragung auf das nächste Jahr ist nur bis zum 31.03. des Folgejahres erlaubt, sofern dringende betriebliche oder in der Person des Mitarbeiters liegende Gründe vorliegen.

In einem Fall hatte ein Arbeitnehmer noch Resturlaub aus dem Vorjahr, der mit dem Einverständnis des Arbeitgebers auf das nächste Jahr übertragen wurde. Allerdings wurde dieser Urlaub vom Arbeitnehmer auch bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht beantragt, da der Arbeitnehmer sich auf die Aussage seines Vorgesetzten verlassen hatte, dass der Urlaub nicht verfallen werde. Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses klagte er daher eine Abgeltung dieser Urlaubstage ein. Allerdings konnte der Arbeitnehmer die Zusage seines ehemaligen Vorgesetzten vor Gericht nicht beweisen – und damit ging der Urlaubsanspruch unter; die Klage war verloren.

Hinweis: Der Arbeitgeber muss von sich aus nicht aktiv werden. Auch im Übertragungszeitraum muss der Arbeitnehmer den Urlaub beantragen. Vergisst er das, geht sein Urlaubsanspruch unter.

Quelle: LAG Düsseldorf, Urt. v. 25.07.2016 – 9 Sa 31/16
Zum Thema: Arbeitsrecht
(aus: Ausgabe 12/2016)

Teilzeit- und Befristungsgesetz: Manteltarifverträge mit Sonderregelungen verstoßen nicht zwangsläufig gegen das TzBfG

Arbeitgeber müssen das Befristungsrecht beachten. Ein Tarifvertrag kann allerdings auch zu Lasten der Arbeitnehmer von den geltenden Gesetzen abweichen.

Nach dem Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses ohne Sachgrund für maximal zwei Jahre zulässig. Innerhalb dieser zwei Jahre ist eine dreimalige Verlängerung möglich. Auf das Arbeitsverhältnis diese Falls fand aber ein Manteltarifvertrag für energiewirtschaftliche Unternehmen Anwendung. Danach war eine sachgrundlose Befristung bis zu einer Dauer von fünf Jahren möglich. Als ein Arbeitnehmer nach zwei Jahren und zwei Monaten am Ende seines befristeten Arbeitsvertrags gehen sollte, klagte er. Für ihn war die tarifliche Bestimmung unwirksam, da sie seiner Ansicht nach gegen das Teilzeit- und Befristungsgesetz verstieße.

Das Bundesarbeitsgericht war allerdings anderer Auffassung. Denn das TzBfG regelt ebenso, dass durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen und die Höchstdauer der Befristung abweichend vom Gesetz festgelegt werden können. Und genau das war hier geschehen. Diese Befugnis gilt jedoch nicht grenzenlos. Die gesetzlichen Werte für die Höchstdauer eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags und die Anzahl der möglichen Vertragsverlängerungen dürfen nicht um mehr als das Dreifache überschritten werden.

Hinweis: Ein Tarifvertrag, der die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverträgen bis zu einer Gesamtdauer von fünf Jahren bei fünfmaliger Verlängerungsmöglichkeit erlaubt, ist also wirksam.

Quelle: BAG, Urt. v. 26.10.2016 – 7 AZR 140/15
Zum Thema: Arbeitsrecht
(aus: Ausgabe 12/2016)

Gravierendes Fehlverhalten: Für die Kündigung durch den Betriebsrat ist die Störung des Betriebsfriedens Voraussetzung

Auch der Betriebsrat kann die Kündigung eines Arbeitnehmers verlangen.

Laut Betriebsverfassungsgesetz kann der Betriebsrat die Entfernung eines betriebsstörenden Arbeitnehmers aus dem Betrieb verlangen, wenn dieser den Betriebsfrieden ernsthaft stört. In einem vom Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg entschiedenen Fall verlangte der Betriebsrat von seinem Arbeitgeber die Entlassung eines Vorarbeiters. Der Betriebsrat behauptete, der Vorarbeiter habe ein Kundenunternehmen über den zeitlichen Umfang der erbrachten Arbeiten getäuscht. Zudem ergebe sich aus Beschwerden drei ehemaliger Mitarbeiter, dass es auf Veranlassung des Vorarbeiters zu einigen Arbeitszeitverstößen gekommen sei. Hierüber lägen auch Beschwerden weiterer Arbeitnehmer vor, die sich aber nicht trauen würden, ihre Beschwerden zu äußern.

Schließlich rief der Betriebsrat das Arbeitsgericht an. Dem waren die Vorwürfe jedoch nicht konkret genug. Selbst wenn sie zutreffend wären, war es zudem nicht zu einer ernstlichen Störung des Betriebsfriedens gekommen. Dafür wäre erforderlich, dass durch das Verhalten eines Arbeitnehmers die physische oder psychische Gesundheit der Belegschaft oder zumindest von Teilen davon betroffen ist. Das kann auch bei einer ungerechten Behandlung der Fall sein. Die hier vorgeworfenen Störungen waren jedoch weder erheblich noch gravierend.

Hinweis: Grundsätzlich kann also ein Betriebsrat die Entfernung eines Arbeitnehmers verlangen. Voraussetzung ist jedoch ein wirklich gravierendes Fehlverhalten.

Quelle: LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 28.07.2016 – 10 TaBV 367/16
Zum Thema: Arbeitsrecht
(aus: Ausgabe 12/2016)

Betriebsratsvorsitzenden beleidigt: Hitlergruß rechtfertigt außerordentliche, fristlose Kündigung

Schwere Beleidigungen dürfen am Arbeitsplatz einfach nicht vorkommen.

Ein seit sieben Jahren beschäftigter Fahrer und der Betriebsratsvorsitzende gerieten anlässlich einer Betriebsversammlung aneinander. Wenig später traf der Fahrer erneut auf den Betriebsratsvorsitzenden und hob seinen ausgestreckten Arm zum Hitlergruß. Gleichzeitig sagte er: „Du bist ein Heil, du Nazi!“ Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis daraufhin außerordentlich fristlos.

Der Fahrer rechtfertigte sich damit, dass er gar nicht rechtsradikal sein könne, da er türkischer Abstammung sei. Das sahen die Richter allerdings anders: Die Frage der Abstammung beinhaltet keine Antwort auf die Frage der inneren Haltung. Der Hitlergruß durch Erheben des ausgestreckten Arms stellt aus Sicht des Gerichts einen wichtigen Kündigungsgrund dar. Diese Geste ist ein nationalsozialistisches Kennzeichen, das in einem Arbeitsverhältnis nicht hingenommen werden muss. Der Betriebsratsvorsitzende wurde durch die Geste und die Aussage grob beleidigt. Die Kündigung war rechtmäßig und die Kündigungsschutzklage wurde abgewiesen.

Hinweis: Beleidigungen und Tätlichkeiten führen in aller Regel zur Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses.

Quelle: ArbG Hamburg, Urt. v. 20.10.2016 – 12 Ca 348/15
Zum Thema: Arbeitsrecht
(aus: Ausgabe 12/2016)

Wir müssen reden: Krankgeschriebene Arbeitnehmer müssen nicht an Personalgesprächen teilnehmen

Müssen Arbeitnehmer während einer attestierten Arbeitsunfähigkeit an Personalgesprächen teilnehmen? Diese Frage hat jetzt das Bundesarbeitsgericht (BAG) beantwortet.

Ein langzeiterkrankter Arbeitnehmer sollte während seiner Arbeitsunfähigkeitsphase „zur Klärung der weiteren Beschäftigungsmöglichkeit“ zu einem Personalgespräch erscheinen. Das Gespräch verweigerte er jedoch unter Hinweis auf seine ärztlich attestierte Arbeitsunfähigkeit. Deshalb erhielt er von seinem Arbeitgeber eine neue Einladung mit dem Hinweis, dass gesundheitliche Hinderungsgründe durch Vorlage eines speziellen ärztlichen Attests nachzuweisen sind. Als er auch diesen zweiten Termin nicht wahrnahm, erhielt er eine Abmahnung, gegen die er klagte.

Das BAG stellte sich auch prompt auf seine Seite: Erkrankte Arbeitnehmer müssen ihrer Arbeitspflicht nicht nachkommen und damit auch nicht an Personalgesprächen teilnehmen. Allerdings ist es Arbeitgebern nicht prinzipiell untersagt, mit erkrankten Arbeitnehmern in Kontakt zu treten. Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber hierfür ein berechtigtes Interesse hat. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist jedoch auch in diesem Fall nicht verpflichtet, im Betrieb zu erscheinen – es sei denn, dies ist ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer ist dazu gesundheitlich in der Lage.

Hinweis: Personalgespräche sind wichtig, vor allem, wenn ein Mitarbeiter schon lange krankheitsbedingt fehlt. Arbeitnehmer sollten aufmerken, wenn der Arbeitgeber ein Gespräch zum betrieblichen Eingliederungsmanagement anbietet, und genau überlegen, ob sie ein solches Gespräch mit Verweis auf die Arbeitsunfähigkeit ablehnen sollten.

Quelle: BAG, Urt. v. 02.11.2016 – 10 AZR 596/15
zum Thema: Arbeitsrecht
(aus: Ausgabe 12/2016)